^

Geschichte

Die Loge "Sincérité" 1745-1785

In den 1740er Jahren war das Herzogtum Böhmen immer wieder von feindlichen Heeren besetzt. Friedrich August Graf von Rutowsky befehligte im Jahre 1742 die sächsischen Truppen. Er war Großmeister des Distrikts Obersachsen und regte böhmische Freimaurer zu Logengründungen an. Er dürfte Graf Kinigl ermuntert haben das Amt des M.v.St. der neuen Loge zu übernehmen. 1745 endete Rutkowskys Aufenthalt in Prag infolge der Niederlage seiner Truppen.

Aber da war die Loge Sincérité bereits aktiv, denn im Jahr 1745 wird Sebastian Graf Kinigl als Kreishauptmann nach Leitmeritz (Litoměřice) versetzt. In der Garnisonsstadt Leitmeritz suchte er nach geeigneten Suchenden unter den adligen Offizieren der stationierten Truppen und unter den bürgerlichen Beamten. Die Anzahl der Mitglieder war über Jahre jedoch gering.

Die Loge Sincérité war etwa 10 Jahre in Leitmeritz tätig, ab 1758 wenige Jahre in Klattau (Klatovy), dann einige Jahre in Pilsen (Plzeň) und in Elbogen (Loket), ab 1766 wieder in Klattau. 1772 versuchte die Loge durch Arbeiten in Pilsen neue Mitglieder zu finden. Ab 1776 arbeiteten die Brüder wieder in Klattau. Die Loge Sincérité war eine typische Wanderloge, eine "loge volante". Nur durch den persönlichen Einsatz von Sebastian Graf Kinigl hat die Loge Sincérité über 20 Jahre hinweg überlebt. Er besaß ein Haus in Klattau, in dem die Logenarbeiten stattfanden.

Graf Kinigl übergab 1766 den Hammer für kurze Zeit seinem Nachfolger Ritter Maximilian Harnach. Noch im selben Jahr wurde der Sohn Kinigls, Kaspar Hermann Graf Kinigl, M.v.St. Er war 25 Jahre alt und Kreishauptmann im Elbogener Kreis (Loketský kraj). Ihm folgte von 1776 bis 1782 Generalmajor Karl Beloutte de Watters. Der letzte im Amt war der Kreiskommissar Peter Freiherr Nigroni von Riesenbach.

Alle Mitglieder der Sincérité ergeben 60 freie Männer, darunter 26 Offiziere, 12 Beamte, 2 Bürgerliche und 7 Priester (Weltgeistliche). Auch wurden 12 Männer als Dienende Brüder aufgenommen. Für 6 weitere Namen fehlen nähere Angaben. Die Statistik zeigt, dass die Loge in Garnisonsstädten heimisch war und dass die Suchenden hauptsächlich aus den stationierten Truppen kamen.

Im Tempel wurde zunächst französisch gesprochen. Das spätere Ritual der Loge Sincérité ist in deutscher Sprache verfasst und liegt in gedruckter Form vor. Dieses Ritual wurde nach 1765 eingeführt als die Loge unter dem Einfluss der Strikten Observanz stand. Graf Kinigl wurde 1765 zum Commendator von Leitmeritz ernannt. Sein Sohn wurde 1772 Präfekt der Präfektur Prag.

Am 1. Jänner 1786 trat eine Verordnung Kaiser Joseph II. in Kraft, die nur mehr Logen in großen Städten erlaubt. Das war das vorläufige Ende der Loge Sincérité. Die Brüder verlegten ihre Arbeit in die Prager Logen. Im Jahr 1789 wurden in der K.u.K. Monarchie alle Freimaurerlogen verboten und es begann eine lange Zeit der Dunkelheit.

1. Wiedererweckung – die Loge "Ludwig Piette zur Aufrichtigkeit und Treue" im Orient Pilsen 1879-1933

Im Jahr 1869, also 80 Jahre später, erlaubte ein neues Vereinsrecht die Bildung von "unpolitischen Vereinen". Die Brüder gründeten humanistische Vereine (Kränzchen), und gingen zu den Logenarbeiten über die Grenze, z.B. nach Hof, Zwickau oder Dresden.

In Pilsen richtete Bruder von Piette das Kränzchen "Harmonie" als Verein ein um Notleidende zu unterstützen. Piette war Großindustrieller und wurde 1874 in der Dresdner Loge "Zu den drei Schwertern und Asträa zur grünenden Raute" aufgenommen. Er war den Pilsener Brüdern maurerisches Vorbild und verstarb 1918.

Nach Ausrufung der ČSR am 28. Oktober 1918 wandelten die Karlsbader Brüder ihr Kränzchen in eine Loge um. Andere Orte folgten, so dass am 23. Oktober 1920 die "Großloge Lessing zu den drei Ringen in der ČSR" eingesetzt werden konnte.

In Pilsen verzögerte sich die Gründung wegen Auseinandersetzungen zwischen den deutsch- und tschechisch-sprechenden Brüdern. Beide Sprachgruppen gingen eigene Wege. Die tschechischen Br. nannten ihre Loge "Josef Dobrovsky".

Die Lichteinbringung in die Loge "Ludwig Piette zur Aufrichtigkeit und Treue" der deutsch-sprechenden Brüder erfolgte am 17. Dezember 1922. Der Zusatz "zur Aufrichtigkeit" wurde zur Erinnerung an die Loge "Sincérité" im 18. Jahrhundert hinzugefügt.

Im Herbst 1932 gab es 34 Mitglieder und 3 Ehren-Mitglieder sowie 3 auswärtige Brr. Es fanden jährlich etwa 14 Arbeiten statt und es wurden 2 oder 3 Suchende aufgenommen.

Inzwischen wurde der Nationalsozialismus auch in Böhmen aktiv. Die Unsicherheit und Furcht der Brr. in den LL stieg. Im Jahr 1930 schreibt der GM der Großen Landesloge von Deutschland seinen Brüdern vor: "...Ich mache unsere Ordensbrüder darauf aufmerksam, dass für Brüder der Besuch dieser Logen der Tschechoslowakei ausdrücklich verboten ist."

Wann die Loge "Ludwig Piette zur Aufrichtigkeit und Treue" das Licht vor der Diktatur gelöscht hat, ist unbekannt.

2. Wiedererweckung – die Loge "La Sincérité" im Orient Prag

Am 7. Oktober 2006 erfolgte die neuerliche Wiedererweckung der Loge "La Sincérité" auf Schluss Zbiroh, und arbeitet seither in Prag in deutscher Sprache.